Dienstag, 8. Dezember 2009

Zu Fuß über die Grenze nach Ungarn – und der schreckliche Verlust meines rechten Schuhs!

Wir fahren dann von Timishoara zu einem kleinen Grenzübergang nahe der serbischen Grenze nach Ungarn. Traurig und wehmütig verlassen wir Rumänien, welches sich doch zu einem meiner Lieblingsländer entpuppt hat. Kathrin und ich müssen schon einige Kilometer vor der Grenze aussteigen, da wir eigentlich illegal hinten im Transporter mitfahren. Wir überqueren die Grenze also gemütlich per Fuß (das kenn ich ja schon aus China), nehmen einen Alibi-Rucksack mit – damit es nicht ganz sooo doof aussieht, wenn zwei Personen eine kleine Grenze überqueren in deren unmittelbarem Umkreis von 30 Quadratkilometern einfach nichts ist, und keinerlei Gepäck oder Essen dabei haben….

Wir versuchen noch für eine kleine Distanz die wenigen Autos die vorbeikommen zu stoppen, klappt natürlich nicht, ich würde auch nicht unbedingt zwei Fußgänger im Nirgendwo mit über eine osteuropäische Grenze nehmen …

Wir laufen, die Grenzbeamten gucken ein bisschen doof, zu durchsuchen gibt’s ja nicht viel, unsere Pässe werden an drei unterschiedlichen Stationen kontrolliert, dann erreichen wir Ungarn. Jurek, ein polnischer LKW-Fahrer nimmt uns direkt hinter der Grenze, lacht sich halb tot, als wir nach 2-3 Kilometern STOOOP schreien, als wir Sandrines Auto versteckt in einem Waldweg entdecken.

Alle steigen wieder ein – und weiter geht die Fahrt. Wir kriegen eine sms mit „hello Couchsurfers – we can host you tonight“ mit Angaben für Budapest (Wir hatten noch einen Post in die Last-minute-couch für Budapest gesetzt) – und alles scheint rund zu laufen.

Vor Budapest halten wir an einer größeren Straße um 10 Uhr Abends, um zur Toilette zu gehen. Ich will auf die Toilette und realisiere hier: MEIN RECHTER SCHUH IST AUS DEM AUTO GEFALLEN. – Ich kanns nicht glauben – noch oben in den Karpathen habe ich betont wie sehr ich meine Schuhe liebe (im übrigen die einzigen die ich mithabe) und jetzt FEHLT EINER!

Ich überlege nicht lange, reanalysiere mit den anderen den einzigen Punkt wo er aus dem Auto gefallen sein könnte, und das ist in Szeged, einem kleinen Ort ca. 200km entfernt nahe der serbisch-rumänischen Grenze. Ich verabschiede mich überstürzt und überraschend schnell von meiner mir so lieb gewonnenen französischen Reisebegleitung, um noch nachts per Autostopp zurück zur Grenze zu fahren um meinen Schuh zu suchen, der mir doch so wichtig ist. Die Mädels sind ein bisschen besorgt, versorgen mich mit Essen und ich bekomme von Sandrine CasCas und den „Devil-Stic“ geschenkt! WOW! Das sind die besten Geschenke der Reise neben der Gitarre aus Peking natürlich. Die Mädels müssen unbedingt weiter, da sie Impftermine für Mali haben und sowieso nur wegen mir eine Nacht in Budapest geblieben wären.



Ich stehe dann also nachts mit Daumen raus am Straßenrand irgendwo vor Budapest. Ein Autofahrer passiert und kommt zurück und fragt mich, wo zum Geier ich hinwill. Ich erkläre ihm, dass ich meinen Schuh suchen muss, und er nimmt mich mit. Gergely, so heißt mein Fahrer, meint ich wäre wohl verrückt wegen einem Schuh zurückzufahren, aber er sei scheinbar auch verrückt, weil er mich 30km weiter zum richtigen Highway bringt, mit dann noch Geld zusteckt (da ich auf seine Frage ob ich überhaupt Forinth hätte nur mit „äähh“ antworten konnte) und dann noch die Nummer von seinem Freund gibt, der mich im Zweifelsfall am anderen morgen zurück mit nach Budapest nehmen kann. An der Raststelle finde ich dann noch einen Rumänier der mich mitnimmt nach Szeged. Er ist Gärtner in Österreich und besucht seine Familie in Rumänien. Um ca. 24 Uhr komme ich dann in Szeged an, und der Rumänier fährt immerhin zweimal mit mir die Strecke ab um zu suchen – aber ich kann die Stelle nicht wieder finden. Mein Fahrer muss noch weiter nach Rumänien, und ich nehme meinen Rucksack und suche dann noch zu Fuß weiter. Gebe allerdings nach einer Stunde auf und laufe ins City-Center. Die Stadt hat eine recht friedliche Atmosphäre und ich überlege draußen zu schlafen, entschließe mich dann aber doch eine auf die Option eine "Freestyle Couch" zu bekommen, und gehe in eine Bar. Dort bekomme ich mit meiner Schuh-Story und Rucksack natürlich schnell neue Freunde. "Was machst du hier?" - "Ich such meinen rechten Schuh" "Hääh? - und woher kommst du?" - "Eigentlich bin ich von China auf dem Weg nach Hause" - usw.

Ich feiere dann mit einer Studentengruppe die Schuh-Story und sie laden mich ein in ihre WG, weil sie ein Zimmer gerade frei haben. Ich darf nicht ein Bier selbst bezahlen, weil dies die ungarische Gastfreundschaft nicht erlaubt. Danke Csaba ;-)

Am anderen Tag ist Csaba verückt genug mit mir die Stadt nach meinem Schuh abzusuchen - jedoch erfolglos- die Stecknadel im Heuhaufen! Ich frage sogar eine Reinigungstruppe, aber keiner hat meinen Schuh gesehen. Da ich aber schon einmal hier bin und meine Gastgeber so freundlich sind, beschließe ich noch eine Nacht zu bleiben. Csaba zeigt mir die Stadt und Abends gehen wir noch zu einem Jazz-Zigeuner-ungarische-Musik-Konzert. Am anderen Tag verabschiede ich mich dann - nicht ohne von Csaba noch zu einem günstigen Punkt zum Autostopp gebracht zu werden. Ich wäre gerne noch länger geblieben, habe aber die Möglichkeit in Budapest Anti, einen guten alten Orchester-Super-Kumpel von mir zu treffen. Ich poste nochmals in die "Last-minute-couch-Budapest"- Gruppe, und fahre gegen Spätnachmittag los, und bekomme direkt ein Auto das bis Budapest durchfährt, so daß ich um 18 Uhr im City-Center rausgelassen werde!



Fazit Romania and the Balkans!


Rumänien ist ein wunderschönes Land. Viele Menschen arbeiten in der Landwirtschaft nach wie vor so wie vor 50, bisweilen sogar 100 Jahren. Auf den Straßen sieht man als übliches, ganz alltägliches Bild Pferdekarren noch hoch mit Heu, Mais o.ä. beladen. Und die Männer laufen noch mit Sensen und großen Krempenhüten rum. Rumänisch selber gehört zu den romanischen Sprachen, so dass man inmitten von Ländern deren Sprachen slawischen Ursprungs sind manchmal vom Klang her das Gefühl hat eher in Italien oder Spanien gelandet zu sein. Allerdings hat die rumänische Sprache doch viele Einflüsse aus dem russisch-slawischen Bereich, so dass z.B. das Wort "Ja" - wie auf russisch "Da" heißt, und es auch hier viele unterschiedliche "Sch"-Laute wie im russischen gibt. Die Rumänen sehen ihr eigenes Land sehr kritisch und beklagen sich über Kritik und Korruption. Transilvanien gehörte früher zu Ungarn bzw. Österreich und aufgrund dessen gibt es eine große ungarische und auch deutsche Minderheit.Es gibt zuweilen ganze ungarische oder deutsche Gemeinden/Dörfer. Die Ungaren und Rumänen verstehen sich scheinbar nicht allzu gut, die deutsche Minderheit scheint allerdings angesehen zu sein. Wieder einmal haben die deutschen Qualität gebracht, z.B. gute Häuser.

Am besten hat mir das Essen hier unten gefallen. Das Obst und Gemüse ist einfach köstlich - Zacusca steigt zu meinem Lieblingsgericht auf! Es ist die Regel, daß jeder einen kleinen Obst- und Gemüsegarten hat, indem er selbst anbaut, erntet und einmacht.

Vielen Dank Rumänien für die Farben, das Essen, die Natur und die Gastfreundschaft!!! Mulcumesk & L'arrivedere!!!



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