Dienstag, 5. Mai 2009

St.Petersburg - Санкт-Петербург

Also die Menschenanhaefung hier war fuer mich erstmal zu verdauen, im Gegensatz zum menschenleeren Skandinavien. Also St. Petersburg allein hat z.B. 5 Millionen Einwohner, Schweden hat 6 Millionen...
Die Stadt ist sehr schoen, aber auch uesselig (wie Mama sagen wuerde) Aber das mag ich ja so sehr!! Zum ersten Mal kann ich nun nachvollziehen wie sich meine Erstklaessler beim Erlesen ihrer ersten Worte fuehlen. Ich habe zwar vorher kyrillische Buchstaben gelernt, fange aber recht langsam wieder an zu buchstabieren - zum Amuesement von Nadya und ihrem Bruder Kolia. Aber mit einer Engelsgeduld erklaert Kolia mir die Buchstaben und fragt mich bei jedem Reklameschild erneut, was dort steht...und schwups nach ein- bis zwei Tagen geht es einigermassen fluessig!
Nadya hat mich sehr herzlich aufgenommen und spricht auch super Englisch. Kolia versucht sich auch daran und wird nicht muede Kommunikation aufrecht zu erhalten. Und ich lerne meine ersten russischen Woerter. Ich bringe im Gegenzug dazu ein bisschen auf der Gitarre bei.
Am gleichen Tag wie ich bleibt noch ein anderes Hospitalityclub-Mitglied bei Nadya, und das ist Karsten aus Dresden, der hier 2 Monate in einer Gastfamilie war. Von ihm bekomme ich die ersten Ueberlebenswichtigen Tipps gratis. Allerdings beunruhigt mich seine Aussage: "Ich bin mal gespannt wie du das ohne Russischkenntnisse schaffen willst..." Aber egal, laeuft wohl...

Wir fahren spaetnachmittags in die Stadt, machen sight-seeing und warten um halb 2 nachts auf die Oeffnung einer Bruecke die ueber den grossen Fluss NEVA fuehrt. Diese werden nachts Schiffe geoeffnet. Bei dieser Menschenmenge treffe ich mit einer Chance von 1 zu 5 Millionen, unverkennbar in seiner gelben Wolljacke, meinen niederlaendischen Freund Rob wieder, der mit einer Gruppe Geographie - Studenten unterwegs ist. Um nachts nach Hause zu kommen muessen wir dann per "Anhalter" fahren. Das sind so inoffizielle Taxis - Nadya handelt mit dem Fahrer den Preis mit dem Fahrer aus und Karsten und ich muessen ab dem Zeitpunkt den Mund halten, weil wir sonst das Dreifache zahlen muessen. Also werde ich taubstumm spielen wie noch so oft in den naechsten Tagen..."pretend to be russian"
Nach einer halsbrecherischen Fahrt kommen wir um vier Uhr nachts zu Hause an - das zu meinem ersten Tag in St.Peter!

Am naechsten Tag werde ich - wie ein kleines Kind - weiter trainiert mich alleine zurecht zu finden. Ich werde zu irgendeinem Lenin-Kopf in die Stadt geschickt, an dem ich mich mit Ksusha (einer Freundin von Nadya) treffe. Sie kann deutsch sprechen und wird mir die Stadt zeigen. Und Frau Fransbach managet souveraen das russische Metro-System, wundert sich allerdings warum in der Metro ab und zu das Licht ausgeht....vielleicht haben die Metro-Betreiber ein Abkommen mit den Taschendieben...?

Von Ksusha bekomme ich dann eine 1a-persoenliche Stadtfuehrung. Nach dem Nachmittag mit ihr weiss ich wahrscheinlich mehr als jeder St.Petersburger Buerger!Kolia hat in der zwischenzeit seine Gitarre von seinen Eltern geholt und so koennen wir abends noch einen deutsch-russischen Liederaustausch machen.
Am anderen morgen fahre ich mit beiden Geschwistern zu einem Picnic in einer Datscha aufs Land: Man nimmt also diese "Elektrischka" (russischer Landbummelzug) und faehrt so ca. 2 Stunden ins Nichts. Dann steigt man aus und laeuft so ne Stunde zu einer verfallenen - aber schoenen!- Holzhuette. Das ist dann eine Datscha, innen rustikal eingerichtet, der Besitzer zeigt mir stolz alles, auch das Gebaeude das er zusammen mit der Datscha gekauft hat. Einziges Problem: Er ignoriert das ich kein russisch kann und redet wie ein Wasserfall. Die anderen lachen sich tot...und irgendwann taucht ein Volleyball der Marke "Sportball" aus den 60er Jahren auf. Alle wollen von mir wissen was drauf steht, aber wie ich dann "Bitte nur mit Nippel aufblasen" uebersetzen kann, weiss ich auch nicht...
Der Nachmittag wird sehr schoen, alle sind begeistert das ich dabei bin und noch viel begeisterter als ich ihnen auf der Gitarre vorspiele. Damit habe ich nicht gerechnet und ich muss sagen es war ein verdammt schoener Tag! Auf dem Rueckweg stehen 2 Stunden wie die Sardinen in der Elektrischka weil scheinbar ganz Petersburg dieselbe Idee hatte. (Fuer mich eine Voruebung fuer Asien :-)

Todmuede von all den Eindruecken wechsel ich noch abends den Standort und fahre zu Ksusha, weil am anderen Tag 2 Polinnen bei Nadya uebernachten. Ksusha wohnt im Zentrum von Petersburg. Sie nimmt mich sehr herzlich auf und hilft mir bei meinen touristischen Planungen.
Durch die beiden Polinnen werde ich daran erinnert, dass es hier ja dieses beruehmte Bernsteinzimmer in Pushkin gibt, hatte ich fast vergessen...also mache ich mich kurzerhand mit den beiden Schwestern auf ins Schloss nach Pushkin.

Wenn man nicht mit der Metro faehrt nutzt man hier die Matruschkas. Das sind so schoene gelbe Bullis, die ohne Fahrplan oder besondere Haltestelle in irgendwelche Richtungen fahren. Wir managen es, in das richtige Transportmittel zu steigen, zahlen 50 cent und ab geht die Post.
Angekommen im wohl touristischsten Teil von Petersburg - die Russen sind nicht dumm - wenn wir ins Schloss hineinwollen muessen wir zuerst den Eintritt in den Park zahlen. Logisch! Damit wir uns dann fuer ca. 1,5 Stunden in die Schlange am Schloss stellen koennen, um dann - na klar - nochmals Eintritt zu zahlen.


Wir haben gerade ueberlegt und diskutiert (auf Englisch) ob wir es anders schaffen hinein zu kommen, und ob wir andere Studenten fragen, ob sie uns ein russisches Ticket kaufen....da machen wir die erste unfreundliche Begegnung in Russland, und ich hatte es vorher im Gefuehl...
Unser Vordermann dreht sich um und raunzt uns an, dass wir doch unsere Gedanken fuer uns behalten sollten, wo wir ueberhaupt herkommen und wer wir glauben wer wir sind. Wir antworten darauf, dass wir glauben aus Deutschland und Polen zu kommen. Und ich hab zurueck gefragt wo er ueberhaupt herkommt. Da antwortet unser uebraus freundlicher Gespraechspartner mit perfektem Oxford-Englisch: "I am perfectly russian!"
Wir geben uns das nicht, und verlassen auf der Stelle den Ort. It was a nice political triangle!

Aber keine Angst, ich habe soviele ueberaus nette Begegnungen hier gemacht, dass ich schon jetzt absoluter Fan von diesem Land bin!

Wir bekommen dann den auslaendischen Studentenpreis (ich danke wieder einmal ISICs) und sehen uns die naechsten 2 Stunden einen prunkvollen Palast nach dem naechsten an. Zuerst landen wir in einer russischen Fuehrung, die beiden Maedchen koennen aus Sprachverwandschaftsgruenden ab und zu den Sinn fuer mich uebersetzen, und spaeter - great escape - finden wir einen deutschen Schueleraustausch, und ich kann uebersetzen.

Am naechsten Tag nehme ich mir einen Tag Urlaub und mache nichts. Das war noetig. Gegen Abend wartet einen neue Herausforderung. Ich moechte ein Zugticket nach Moskau kaufen. Ich will das ohne Hilfe, mein Experiment startet:
Also geh ich hin und stelle mich in die Schlange am Ticketschalter. Allerdings bemerke ich irgendwie, dass die Stimmung nervoes ist, also versuche ich Kontakt aufzunehmen. Natuerlich versteht mich niemand. Aber ich werde mit Gesten von einer Schlange zur naechsten geschickt. Beim dritten Mal, glaube ich nicht mehr dran, schaffe es allerdings bis zu einer Schalterdame vorzudringen (wohlgemerkt nach einer halben Stunde). Spreche mit der Dame (bzw. spreche nicht) und sie verweist mich - na wohin? - zum Schalter gegenueber.
Okay- beschliesse ich - Zeit, die Taktik zu aendern. Besinne mich auf Thailand, nehme ein Stueck Papier zur Hand, male eine grosse Eisenbahn darauf, ein Strichmaennchen, Datum, Abfahrtszeit, und denke mir: "Jetzt kriege ich sie alle!"
Zu meinem Bedauern - und dann wusste ich auch warum die Leute so nervoes waren - schliesst die Kasse nach einer weiteren halben Stunde, ohne das ich ein Ticket habe :-) Great Experience!
Aber ich hatte keine Erwartungen, und mache mich frohen Mutes auf zum Treffpunkt mit Madya und Kolia. This was my first try - but not my last!
Wir essen russische Donots an einem Platz aus Sowjet-Zeiten (hier kosten die 20 cent das Stueck) und treffen nochmals die polnischen Schwestern.

Am naechsten Tag versuche ich nochmals ein Ticket zu bekommen und - Voila! - geschafft! Eigentlich sollte ich fuer meinen verpeilten niederlaendischen Freund Rob auch ein Ticket holen, weil wir schlauerweise ueberlegt hatten zusammen Zug zu fahren, der Vollidiot hat bloss leider seinen Passport verloren und steckt nun ziemlich tief in der Scheisse. Auf meine sms, dass er wenn er nun eh schon bei der Botschaft ist, sich doch gleich ein neues Visum holen koennte und dann direkt noch die Transsib mitnehmen koennte, bekam ich nur die Antwort " Good idea, but first i must survive police station."...




Ja - St.Petersburg war grossartig!!! Ich liebe meine neuen russischen Freunde und werde bestimmt wiederkommen!!!
Thank you for everything, the lovely and important benefit!!

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