Sonntag, 2. Mai 2010

Wie man nach Asien kommt, obwohl man nach Afrika will...

Da es von Kreta aus keine Moeglichkeiten mehr gibt Richtung Afrika zu kommen, nehmen wir die Faehre nach Rhodos und entscheiden uns damit gegen ein Angebot von Jean-Michel nach Santorini zu segeln. Am Hafen von Heraklion unternehmen wir einen letzten hitch-Versuch, der natuerlich scheitert, lernen aber dafuer ein nettes Schweizer Paar kennen, die mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Auf der Faehre feilen wir an unseren Jass-Kenntnissen (das Schweizer Nationalkartenspiel), verlieren allerdings am Ende haushoch, erfahren dafuer von der Schweitzer Maerchenerzaehlerin, dass die deutsche Maerchengesellschaft ihren Sitz in Rheine hat :-)

Mitten in der Nacht kommen wir auf Rhodos an. Ein Blick nach draussen sagt uns, dass wir diese Nacht nicht ohne Abdach verbringen koennen bzw. den Rest der Nacht. Doch noch einmal geben uns die Schweizer zurueck, was der Gadhafi-Konflikt von Anfang an versaut hat. Da wir nunmal in Rhodos gelandet sind und nicht in Tunis, und es regnet und nicht die Sonne vom Himmel brennt, duerfen wir im Gang des Wohnmobils den Rest der Nacht verbringen. Am naechsten Morgen machen wir uns daran eine Moeglichkeit zur Weiterfahrt zu organisieren. Dabei lernen wir einen Australier kennen, der gerade mit dem Fahrrad von London aus "nach Hause" faehrt. Es geht also immer noch krasser! Wir versuchen zu dritt eine Faehre zu hitchen - allerdings geben uns die meisten Kapitaene zu verstehen, dass sie sich eher erschiessen wuerden anstatt sich in tuerkische Gewaesser zu begeben. Klasse Nachbarschaft!

Wir enden damit, auf normalen Weg (fuer ein paar Taler mehr) eine kleine Nussschale mit tuerkischer Fahne zu nehmen, die relativ verloren wirkt neben dem dreimal so grossen Luxusliner aus dem massenhaft Kreuzfahrt-Touristen stroemen, um die Altstadt von Rhodos fuer einige Stunden zu erobern. Allerdings ist die Schiffsbesatzung angenehm und verteilt sogar Schokolade - also doch die bessere Wahl!

Auf dem Boot lernen wir Nadya und ihren beiden kleinen Kinder Grace und Miles kennen, die sich auf einem Visa-run befindet, da sie in Marmaris (unser Zielhafen) mit ihrer Familie auf einem Segelboot lebt. Leider kann sie uns bzgl. Boote in Richtung Afrika oder Zypern auch nicht weiterhelfen. Wir verbringen drei wunderbare Stunden mit Kinderbelustigung.

In Marmaris angekommen laufen wir nach erfolgreich abgeschlossener Immigration ins City-Center und geniessen unser Sonntagsmahl - es gibt hervorragendes Doenerfleisch und Auberginen-Massakker. Nun sind wir also in Asien gelandet!

Auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz werden wir auf einem verlassen scheinenden Firmengelaende fuendig. Leider werden wir in der Abenddaemmerung von einem "Wachmann"(?) entdeckt, der uns (nach der Feststellung von Sprachproblemen) erstmal zum "Cai" Tee einlaedt. Gemeinsam mit seinem Kumpel von der Polizei schauen wir uns tuerkisches Fernsehen an und schluerfen dabei herlichen schwarzen Tee. Nach einer geschlagenen Stunde "Einfuehrung in das kulturelle Fernsehprogramm der Tuerkei" verabschieden wir uns Richtung Zelt - der Polizist hatte uns ein okay zum zelten gegeben. Allerdings sieht dies der Wachmann fuenf Minuten spaeter wieder ganz anders, drueckt Karsten ein Telefon in die Hand an dem uns eine Stimme deutlich macht "cannnot kamp - go to hotel - iiimportant place". Drei Sprachbrocken spaeter, als wir schon enttaeuscht zusammen packen wollen, wird uns nochmal der Hoerer gereicht: "can kamp, can stay - don't go to hotel!" - Juhuuu!!! - allerdings muessen wir zwischen sechs und sieben Uhr am naechsten Tag den Platz verlassen.

Am naechsten Morgen bekommen wir in aller Herrgottsfruehe einen netten hitch incl. Tee-Pause und lustiger Konversation: "iiimagine turkey will go into EU - thats suizide!" Schliesslich landen wir in Fethiye, einer Touristenhochburg, allerdings mit Marine-Hafen, so dass wir die Segelboote ablaufen koennen, um jemanden zu finden, der mit uns nach Zypern segelt. Leider ohne Erfolg, so dass wir uns noch am selben Tag weiter in Richtung Osten aufmachen. Der Autostopp in der Tuerkei funktioniert einwandfrei und besser als je zuvor! Gegen Abend werden wir in Kalkan rausgeschmissen, wollen uns gerade an die Strasse stellen, als noch ein Tramper mit Rucksack aus einem Auto rausgeschmissen wird. Also machen wir ein kurzes Sit-in auf unseren Rucksaecken und tauschen uns aus. Patrick ist von der Schweiz nach Jerusalem gelaufen und ist nun nach einem Jahr auf dem Rueckweg nach Hause. Als wir so auf der Strasse sitzen faehrt ploetzlich ein Militarfahrzeug vor und ein Typ guckt heraus und will uns offensichtlich irgendwas mitteilen. Nach mehreren Anlaeufen steigt sein Beifahrer aus, kommt auf uns zu und sagt mit ernstem Gesicht "BUUUM" und zeigt dabei auf die Felswand feat. Baustelle am Strassenrand. So einfach kann also Kommunikation sein, wir laufen mit unserem Gepaeck aus dem "gefaehrdeten Gebiet" und schauen uns mit einigen schaulustigen Tuerken die Sprengung an. Gemeinsam mit Patrick beschliessen wir die Nacht am Strand zu verbringen, kochen und trinken bei Sonnenuntergang das eine und andere Bier.

Am naechsten Morgen geht jeder wieder seiner Wege, fuer uns heisst das - ab in den naechsten Segelhafen. Den erreichen wir mit Hilfe eines - wiedermal eidgenoessischen - Wohnmobils. Zwischendurch duerfen wir noch kurz olivenoelbeschmierte Tuerken beim Nahkampf auf einer Wiese beobachten - das ist wohl so eine Art Nationalsport hier.
Im Marina-Hafen von Finike werden unsere Hoffnungen, Zypern per Segelboot zu erreichen, fast wahr. Ein Segelboot laeuft gerade aus, allerdings sagt der Kapitaen, das sie mit sieben Leuten auf dem Boot schon hoffnungslos ueberfuellt sind. Schade fuer uns - das heisst weitertrampen.
Wir landen in Kemer, eine weitere Touristenhochburg, auf der wir nicht eine Moeglichkeit haben auf das Marina-Gelaende zu kommen. Wir zelten im Wald, koennen im tuerkisblauen Mittelmeer schwimmen und die oeffentlichen Strandduschen benutzen. Dann geht es weiter durch Antalya. Die Durchreise durch eine so grosse Stadt gestaltet sich ein wenig schwieriger, aber wir werden oefter mal zum Tee eingeladen, wenn wir so am Strassenrand stehen. Zwischendurch werden wir zum BBQ geladen, machen kostenlosen Autostopp mit einem Taxi, werden in einen schon mit vier Leuten besetzten Kleinwagen gestapelt, begluecken einen stolzen LKW-Fahrer mit unsere Anwesenheit und bekommen fast fuenf Euro geschenkt. Ja, wir koennen sagen: die Tuerken sind total nett, hilfsbereit und gastfreundlich.
Am Ende des Tages bekommen wir einen letzten hitch mit einem Abschleppwagen. Der Fahrer spricht zwar kein Wort englisch oder deutsch, organisiert uns aber per Telefon eine Schlafgelegenheit zum Zelten im Garten eines Motels, welches seine Freunde besitzen. Die 70 Kilometer durch die tuerkische Berglandschaft absolvieren wir im Schneckentempo, landen nochmals zum Tee an einem kleinen Strassenrestaurant, wo dann auch die Funktionalitaet des Abschleppwagens zum Einsatz kommt. Da das Fahrerhaeuschen des Abschleppwagens schon komplett von uns und dem Fahrer belegt ist, wird das Auto kurzerhand samt Fahrer hinter dem Steuer aufgeladen, vor jedem Vorderrad einer unserer Rucksaecke - und weiter geht die Fahrt durch die Berge! Problemjok (kein Problem!). Das Motel verlassen wir zu frueher Morgenstunde - da wir unbedingt unsere Faehre erreichen wollen, da Kristina sich inzwischen auf den Weg nach Zypern gemacht hat!

Beinahe vom Strassenhund angegriffen, werden wir von einem Strassenrestaurantbesitzer gerettet, der uns gleich an zwei LKW-Fahrer weitervermittelt, die sich mit einer riiiiiesigen Ladung Tomaten auf dem Weg nach Tasucu befinden. Wir ueberlegen nicht allzulange und nehmen an, was sich spaeter als Fehler herausstellen sollte.

Kaum sind unsere Rucksaecke verladen, begeben wir uns mit 'Lichtgeschwindigkeit' von 10kmh in die Serpentinen der Suedtuerkei. Zusaetzlich wird uns immer unbehaglicher zumute, da unsere Fahrer ein wenig "strange" zu sein scheinen. Kurzerhand entscheiden wir uns bei naechster Gelegenheit zum "great escape", leider im absoluten Nirgendwo. Gedanklich verabschieden wir uns an dieser Stelle von der Faehre, da es keinerlei Verkehr gibt. Nach einer halben Stunde haelt ohne unser zutun ein weiterer LKW. Da dieser diesmal ohne Ladung unterwegs ist, wagen wir doch noch einen "Truck-Versuch". Dummerweise gibt Karsten dem LKW-Fahrer zu verstehen, dass wir die Faehre bekommen muessen, was uns dann in den folgenden 2 Stunden die waghalsigste Fahrt unseres kleinen Lebens bescheren sollte. Mit satten 95kmh faehrt uns also unser engagierter Chauffeur die NICHT ausgebauten Strassen der seudlichen tuerkischen Bergwelt hinauf und hinab. Nach 35 gestorbenen Toden und der hoechsten Menge an Adrenalin in unserem Blut, erreichen wir den Hafen von Tasucu genau 20 Minuten vor Abfahrt des Bootes. YES! Wir kaufen das, trotz des Discounts, viel zu teure Ticket, entern nach erfolgreich abgeschlossener Immigrations-Prozedur, das Boot - und ab geht es in die "nicht anerkannte, illegale Tuerkische Republik Nordzypern".

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