Montag, 27. Juli 2009

"The first pass under heaven" (die chinesische Mauer) und der "i-hate-china-day"








Mit einer recht simplen Zeichnung schaffen wir es ein Zugticket zum gelben Meer nach Shanghaiguan zu kaufen. Erstaunlich schnell und erfolgreich. Wir steigen in den rapid-train und die Geschwindikeit kommt uns nach der Transmongolischen Eisenbahn einfach wahnsinnig vor. In Shanghaiguan wollen wir eine Unterkunft finden und fahren mit einem pinken Tuctuc ins Stadtzentrum.

Diese Stadt ist eine Festungsstadt, als Teil der chinesischen Mauer. Wir werden zu einem Hotel gebracht, was fuer uns viel zu teuer ist (20-30Euro!) und muessen unserem Taxifahrer klar machen, dass dies zu teuer fuer uns ist. Der will nicht so recht verstehen (kriegt er doch Komission vom Hotel wenn er Gaeste bringt), und wir nehmen frustriert unsere Rucksaecke und fluechten. Das Problem ist, wenn man als zwei blonde Frauen irgendwo auftaucht und eine Frage hat, wird man sogleich von 10Chinesen umringt, von denen natuerlich jeder am Besten weiterhelfen kann und seinen Senf dazu gibt, und das auch, wenn sie nicht ansatzweise einen Plan haben worum es eigentlich geht. Irgendwann finden wir dann doch ein "Hotel" fuer drei Euro die Nacht. Zwar funktionieren die sanitaeren Einrichtungen mehr schlecht als recht, dafuer gibts aber ne Postkarte umsonst :-)

Wir schauen uns den "first pass under heaven" an, dass ist der erste grosse Teil der chinesischen Mauer, vom Meer bis zu den Bergen. Es sind nur chinesische Touristen unterwegs in diesem Teil, so dass wir oefters fuer Fotos herhalten muessen (ich wittere eine Geschaeftsidee!). Am naechsten Tag wollen wir Fahrraeder ausleihen. Sollte in China einfach gehen - wird aber zum Desaster. Es gibt in der ganzen Stadt kein Fahrrad zu leihen. Wir wollten aber damit zum Meer fahren. Irgendwann sprechen wir einen aelteren Herrn mit einem Rad an und zeigen meine "Fahrrad-Ausleih-Zeichnung".

Es scheint, dass er verstanden hat und er bedeutet uns mitzukommen. Ich meine wir haben wirklich mit einfachen Bildern und Koerpersprache deutlich gemacht, dass wir zwei Raeder wollen - aber was macht er? Bringt uns nach 15 Minuten laufen zu einem Tempel. Es scheint wirklich, dass in dieser Stadt jeder in einem beschissenen Business integriert ist und Komission bekommt wenn er bloede Touristen irgendwohin bringt, wo sie ein Ticket kaufen. Wir stehen also vor diesem Tempel (wo wir gar NICHT hinwollten!) und "heaven thanks" es erscheinen neue "Geschaeftspartner". Neben Angeboten von Motorrad- oder Rollerfahrten kommt dann irgendwann einer, der uns doch tatsaechlich zwei Raeder anbieten moechte. Wir gehen ans Preis aushandeln und kommen ueberein mit 50 Yuan. Dann bringt er die Raeder und will auf einmal 100 Yuan haben. Wir sagen "not possible" und nach 53x hin und her, koennen wir unseren Gespreachspartner nicht mehr vertrauen und ziehen lieber ohne Raeder ab. So nah - und doch so fern - kein Rad in China?!

Wir wollen das Meer sehen. Haben nach einiger Laufzeit Glueck und uns nehmen ein paar Amerikaner mit runter zum Strand. Dort koennen wir dann zum ersten Mal seit der baltischen See wieder einen Ozean sehen, nach langer Reise ueber Land. Das Gefuehl ist ganz erhaben! Gleichzeitig koennen wir den Dragon Head, dass aeusserste oestliche Ende der chinesischen Mauer die ins Meer ragt, betrachten. Der Strand ist relativ zugemuellt, und wir verbringen trotzdem einen entspannten Tag dort. Wir entdecken wahrhaftig eine Gruppe Deutscher, die in Peking arbeiten. Trinken mit ihnen ein Bier und spielen Fussball :-))

Abends fahren wir mit dem Taxi zurueck in die Stadt und lassen uns bei einem der Strassenstaende beim Abendessen uebers Ohr hauen. Sie veranschlagen den 10fachen Preis und wir koennen nicht machen, da wir einmal nicht aufgepasst haben und den Preis nicht vorher ausgehandelt haben. Neue Lektion fuer uns. Wir wollen allerdings sowieso morgen die Stadt verlassen um an der grossen Mauer entlang zu wandern und probieren zu campen.

Ilegal Camping at the Great Wall: Frohen Mutes besorgen wir uns am naechsten Tag Lebensmittel fuer einige Tage und verabschieden uns mit gepackten Rucksaecken an unserem Hotel. Nicht ohne dass der Besitzer vorher mit uns ein Exklusiv-Foto macht, of course...



Er sagt uns Bus No.33 faehrt hoch in die Berge zur Mauer. Wir steigen in den Bus 33, der faehrt allerdings lediglich in die Stadt. Wir fluechten und versuchen ein Taxi zu erwischen. Der Taxifahrer will 30 Yuan haben, wir handeln runter auf 15, steigen ein und fahren genau 10 Meter. Der Fahrer haelt an einem Haeuschen an und will uns irgendein Park-Ticket fuer 90 Yuan andrehen. Wir wollen das Ticket nicht haben und er will uns nicht mehr fahren. Frustriert steigen wir aus und versuchen eine andere Taktik. Wir nehmen den Stadtplan und versuchen dem naechsten Taxifahrer deutlich zu machen, dass wir nur bis an den Stadtrand gebracht werden wollen. Dieser Fahrer will uns nicht irgendwohin bringen, es scheint, dass sie "Weisse" nur an bestimmte Plaetze (touristisch natuerlich) bringen. Frustriert hauen wir ab und laufen 5km mit unseren dicken Rucksaecken aus der Stadt heraus. So kann es also im Land des scheinbar unbegrenzten "public transport", ich wage sogar zu sagen im Land "everiiiithiing possibel" wir nicht das kleinste Gefaehrt mit wenigstens zwei Raedern auf unsere Seite bringen koennen :-(

"Crazy China" denken wir und laufen. Irgendwann sind wir auf einer leeren Strasse ausserhalbt der Stadt. Ein Taxi kommt vorbei und haelt an. Drinnen sitzt eine chinesische Studentin die ein wenig Englisch kann. Wir erklaeren ihr unsere Lage und siehe da, der Taxifahrer nimmt uns fuer 10 Yuan (1 Euro!) mit. Wir landen in einem Tal in der die chinesische Mauer ueber einen Fluss geht. Der linke Teil ist komplett renoviert und begehbar. Kostet allerdings wieder unverschaemt viel Eintritt, und nur die chinesischen Studenten kriegen einen Studentenpreis...Wir nehmen unsere Ruecksaecke und fluechten in die andere Richtung. Dort geht die Mauer hoch in die Berge und ist unrenoviert, und teilweise zugewachsen.

Wir erklimmen den Berg und von hier oben koennen wir wunderbar den restaurierten Teil sehen und den nicht restaurierten Teil erkunden, auf der Mauer entlang wandern und in verschiedene Tuerme klettern. Vom Berg koennen wir den neuen Teil gut ueberblicken und ueberlegen ob wir irgendwie anders hinaufkommen. Unser Spot gefaellt uns immer besser und gegen Abend schlagen wir an der alten Mauer unser Zelt auf und kochen uns fantastisches Essen! Zelten ist in China scheinbar verboten, aber wir sind recht gut versteckt. Nur als wir mit Wasserfilter und Wasserbeutel nochmals ins Tal wandern um Wasser vom Fluss zu holen, muessen wir aufpassen, dass uns niemand sieht. Aber wir haben Glueck, die Dunkelheit ist schon fast mit uns.



In der Nacht ueberrascht uns ein Gewitter, dass sich gewaschen hat. Es haelt uns die halbe Nacht wach. Die Blitze schlagen nicht unweit von uns entfernt ein und der Regen faellt wie aus Eimern vom Himmel. Aber das Zelt haelt stand, nur gegen morgen muessen wir die Leinen wegen des staendigen Windes nachspannen.

Innerhalb der naechsten Tage geniessen wir die Ruhe an der Mauer und erkunden/erklimmen die verschiedenen Mauerteile, wir baden in kleinen Bergbaechen, kochen bei Gewitter in den alten verfallenen Ruinentuermen der Mauer und haengen dort unsere Kleidung zum Trocknen auf. Die Ruhe auf dem Berg tut uns gut.

Nach einigen Tagen wollen wir zurueck nach Shanghaiguan. Auf alles gefasst machen wir uns an den Abstieg und malen uns aus, dass uns wieder kein Taxi mitnehmen will, wenn wir nicht wenigstens 20 Tagestickets fuer irgendwelche Parks kaufen, oder wir einfach den lustigen Touristen-Preis von 7 Euro statt 1 Euro zahlen muessen. Unten angekommen ueberfallen uns dieses Mal gar nicht allzuviele mit ihrem "Helouuuuuuuu! Taxiiii, Taxiiiii???". Fast schon enttaeuscht bekommen wir aber dann einen Fahrer mit einem ganz guten Preis und wir schlagen ein um uns mit seinem dreiraedrigen Gefaehrt (soll glaube ich ein Auto sein) auf den Weg zu machen. Irgendwann ist die Bergstrasse dicht und wie es aussieht muessen wir ein paar Felsen wegschaffen. Unser Fahrer steigt aus und unser Gefaehrt rollt rueckwaerts, weil der Depp vergessen hat die Handbremse zu ziehen. Hathi greift geistesgegenwaertig ein und bewahrt uns so vor dem Ungewissen.

Der Fahrer schmunzelt und wir bewaeltigen, mit Aussteigen und Schieben, das Hindernis. Danach fragt uns der Fahrer ob wir auch Auto fahren koennen, wir bejahen, und er fragt uns ob wir fahren wollen. Ich sage "na klar!" bzw. mache es deutlich und er haelt direkt an. Zwei Minuten spaeter finde ich mich hinter dem Steuer dieses Auto-Mofa-Mixes wieder und fahre ueber chinesische Landstrassen. Wir haben einen Heidenspass, am meisten der Fahrer, der sich auf der Rueckbank wie ein Kleinkind freut und begeistert in die Haende klatscht. Noch besser wird es, als wir durch die Doerfer fahren und die Bevoelkerung auf der Strasse voellig irritiert schaut, mit zwei blonden Maedels die ein Gefaehrt durch die Strassen steuern...

Kurz vor Shanghaiguan moechte ich allerdings lieber wieder an den richtigen Fahrer abgeben. Der kann aber auf einmal unsere "Nicht-Sprache" nicht mehr verstehen und laesst sich nicht dazu bewegen mich abzuloesen. So erreichen wir mit leicht mulmigen Gefuehl die Stadt. Ich meine, es ist nicht unbedingt das leichteste in dem bescheuerten chinesischen "Wer-zuerst-kommt-gewinnt"-Verkehr zurecht zu kommen. Doch mit Hathis Hilfe, die versucht die chinesischen Laute und Gesten des Fahrers "hmihm-hmm-chichichicdadda-daajiiijiii" fuer mich in das mutmassliche Englisch zu uebersetzen, waehrend ich mich ganz auf den Verkehr konzentriere, kann ich unser Gefaehrt sicher in den "Hotel-Hafen" steuern. Nachdem wir ausgestiegen sind, muss unser mitteilsamer Fahrer natuerlich erstmal allen Leuten die sich gerade auf dem Buergersteig befinden erzaehlen, dass er sich von zwei Europaerinnen hat kutschieren lassen.

Abends gehen wir zum Essen wieder "chic" aus, weil wegen billiger und so...Unsere Freunde vom Restaurant kennen uns schon, und die lustige "no-common-basic-language-conversation" geht weiter. Zuerst malen wir auf, dass wir vegetarisch essen wollen. Also Hund, Katze, Pferd, Schwein, Kuh und Skorpion gemalt und durchgestrichen. Das kriegen sie recht schnell auf die Kette, wenn man davon absieht, dass unser Freund auf seinem Bestellblog zuerst aus scheinbar reiner Gewohnheit das Schwein abmalt um die Bestellung aufzunehmen...aber am Ende erhalten wir eine Gemuesesuppe. Danach sind wir noch fuer ca. eine Stunde angestrengt mit den Besitzern in eine Unterhaltung vertieft (wohl eher ein Panthomime-Spiel), bei der sogar extra eine Freundin aus Peking zum uebersetzen angerufen wird. Wir kriegen einen Lach-Flash nach dem anderen.

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