Dann übernehm ich mal.
Downhill – das bekommt eine ganz andere Bedeutung, wenn man das mit ca. 18 Kilo auf dem Rücken macht. Es ist eine Sache, der Straße – also Serpentinen – zu folgen, eine ganz andere, wenn man Abkürzungen findet, die hinter dem Bergdorf
in der Kurve verlaufen. Mein Argument, dass wir die Touris des Klosters nur auf der Straße sehen und anhalten können, zieht nicht. So lernen wir allerdings die kleinen Tricks der Bergbulgaren und ihrer Abkürzungen kennen. Unser Skelett macht es wett und uns wird sogar noch richtig warm.Bei diesem Abstieg stechen zwei Dinge ins Auge: die wilde und schöne Natur des Balkans und die Müllentsorgung. Es gibt viele kleine Steilhänge und hier schmeißen die Bulgaren gerne ihren Rest- und Sondermüll runter – ihr könnt euch Sarahs Entrüstung vorstellen.
Das Glück ist mit uns, kaum haben wir die Abkürzung hinter uns gelassen, kommen Autos an uns vorbei. Die ersten zwei ignorieren uns zwar stumpf, das Dritte aber hält. Drei Männer sitzen in dem Caprio und es scheint kein Platz mehr da. Aber sie lassen sich nicht von der Idee abbringen, uns mitzunehmen. Die Richtung klären wir erst, als wir gequetscht auf de Rückbank sitzen und jeder von uns die Flöte gespielt hat. Martin und Stefan sind Bulgaren und leben und arbeiten in Athen. Sie sind auf Kurzbesuch bei ihren Heimatstätten (nahe Garbovo). Der Dritte ist Martins Vater und so um die 70 Jahre alt. Er versteht weder Englisch noch Deutsch, kann uns aber den Namen unserer Souvernierfotos (Todor Schiwkow) nennen – der ist dann doch bekannt und sorgt später am Abend für viel Lachen. Die Kommunikation funktioniert mit Körpersprache super und Sarah freut sich tierisch – in China hätte das schließlich nicht geklappt.
Sie bieten uns an, mit zum nächsten orthodoxen Kloster zu mitzufahren. Wir nehmen an und stellen fest, dass das Kloster nahe unseres vorgestrigen Campingplatzes liegt. Wir sind also in der falschen Richtung unterwegs. Das Kloster liegt in einem Tal, die fast senkrechten Berge sind beeindruckend. Die drei erklären uns anschaulich, wie man Rakia herstellt, und dass Flötenspieler in Tonnen sitzen . Dann laden sie uns zum Essen ein, weil es das Beste in der Gegend sei. Wir bestellen nicht so viel, die drei schon. Wir können gar nicht so schnell schauen, wie der Tisch vollgestellt ist: Fisch, Cevapcici, bulgarischer Salat mit sehr leckerem Käse, warmes Gemüse, Hühnchen und Hähnchenschenkel, Rakia, Bier, Cola, Wasser und Wein… der Tisch reicht nicht aus. Es ist das erste Mal, dass wir nicht aufessen können.
Sie bieten uns einen Ride durch den Balkan an, was unserer ersten Absicht entspricht. Allerdings nicht, ohne uns vorher noch Souveniers inklusive Flöte für Sarah zu schenken. Der Weg durch die Berge ist schleichend, Nebel taucht auf. Oder sind es Wolken – wir sind schon recht weit oben auf den Bergen. Alle im Auto schweigen, hat das Szenario doch etwas Mystisches an sich. Durch das Herz des Balkans im Nebel. Dann senkt sich die Straße langsam ab, der Dunst lichtet sich und die Sonne offenbart uns einen wunderschönen Blick über das Tal der Rosen – verblüht sind sie allerdings schon.
Im Tal angekommen, bieten Martin und Stefan uns einen Schlafplatz an – Waschen und Duschen inklusive (stinken wir etwa ?!) An diesem Punkt wird uns klar, was bulgarische Gastfreundschaft bedeutet: sie zeigen uns die wichtigsten Plätze von Kazanlak, laden uns zu Kaffee und heißer Schokolade ein, wir spielen Flöte auf dem Marktplatz mit Zigeunern, sie kaufen noch mehr Essen und Trinken - viel Schokolade für Sarah und sogar meine Zigaretten zahlen sie. Die Versuche, mal selbst zu zahlen, enden in Rangeleien an der Kasse, die wir jedes Mal verlieren. Während wir duschen, machen sie das Essen und hängen unsere Wäsche auf. Der Abend wird sehr lustig – der Vater ist die ganze Zeit dabei. Der schläft zum Schluss auf de Küchenbank, Martin und Stefan im Wohnzimmer und wir bekommen das einzige Bett der Wohnung. Uns fehlen die Worte…
Am nächsten Morgen laden sie uns nochmals zu Kaffee in der City ein – auch hier scheitert der Versuch, einmal die Rechnung zu übernehmen. Die beiden fahren uns zum nächsten turn-off, wo die Straße nach Sofia führt. Kurz vorher entdecken wir im Straßenverkehr ein Auto mit deutschem Kennzeichen, durch wilde Bewegungen machen wir auf uns aufmerksam, der Typ hält, und wir haben den nächsten Hitch.
Kurz und schmerzlos verabschieden wir uns auf der Straße und kommen in die nächste Unglaublichkeit: We meet the famous and incredible Nick Stein: „Ihr seid ja crazy, haltet einfach ein Auto auf der Straße an. Ihr seid ja crazy Schnecken. Aber wisst ihr was, ich bin auch total crazy!“ Er lädt uns zu Kaffee und Essen ein. Wir versuchen abzulehnen – sind wir doch auf dem Weg zum Lili-Fesitval nördlich von Sofia – aber Nick legt eine CD ein. Er sei Journalist und Radiomoderator im Raum Hamburg. Also spielt er eine Aufnahme von sich selbst ab. (wenn ihr Lüneburger Lokalsender empfängt: haltet eure Ohren auf!) Er fährt in den nächsten Kurort und erklärt, dass man „hier total gut Dancing machen kann. Wir kriegen wieder essen und Kaffee und Nick bietet uns einen Job an: wir sind doch so crazy, hey! Er zeigt uns seinen Presseausweis und erzählt, dass er auf dem Schwarzen Meer außerhalb der 7-Meilen-Zone einen Piratensender auf einem Schiff eröffnen will, um der Korruption eine Gegenlobby zu setzen. Er sei in Bulgarien eh schon berühmt deswegen. Wir lehnen das Angebot ab, aber nicht ohne uns zu bedanken. Nicks bester Freund ist Tibet Fan. Sarah erzählt von ihrer Reise, wir tauschen Tipps über Bücher aus und ich gebe ihm Unterricht in den 5 Tibetern. Alles für die ewige Jugend !
Wir werden zur nächsten Tanke gefahren, die Sonne strahlt, wir sind hinter unserem „Zeitplan“ und es dauert, bis wir mitgenommen werden. Diesmal ist es Peter. Dieser ist total begeistert, da es sein Traum war, selbst um die Welt zu reisen. Er ist Inhaber einer Firma, die mit Düsseldorf zusammenarbeitet. Sein Englisch ist perfekt und die langen Kilometer nach Sofia sind mit interessanten Diskussionen gefüllt – er klärt uns darüber auf, dass Deutschland zwar sehr bewusst mit der Umwelt umgeht, vor dieser Aufklärung allerdings eines der Länder mit der größten Umweltverschmutzung war. Die Unterhaltung ist so intensiv, dass Peter recht langsam fährt und es fast dunkel ist als wir Sofia erreichen. Das lässt er nicht auf sich sitzen und erklärt: „I feel so responsible for you two. I talked to my wife and she agreed that I take you to Svoge.” Dort ist das Lili-Festival. So fährt er uns bis ans end of the world. Die Straße wird unwegsamer, führt steile Berge hinauf. Wir können keine Schilder entdecken. Erst als die Straße tatsächlich aufhört und Peter wenden will, leuchtet er ein Holzschild mit einem Pfeil und der Aufschrift Lili-Fesitval an. Bei der Verabschiedung bittet Peter uns noch, auf dem Festival einen Joint für ihn zu rauchen.
Hier beginnt ein langer Trip durch dunkle Berge – ich gebe wieder ab an Sarah.
Downhill – das bekommt eine ganz andere Bedeutung, wenn man das mit ca. 18 Kilo auf dem Rücken macht. Es ist eine Sache, der Straße – also Serpentinen – zu folgen, eine ganz andere, wenn man Abkürzungen findet, die hinter dem Bergdorf
in der Kurve verlaufen. Mein Argument, dass wir die Touris des Klosters nur auf der Straße sehen und anhalten können, zieht nicht. So lernen wir allerdings die kleinen Tricks der Bergbulgaren und ihrer Abkürzungen kennen. Unser Skelett macht es wett und uns wird sogar noch richtig warm.Bei diesem Abstieg stechen zwei Dinge ins Auge: die wilde und schöne Natur des Balkans und die Müllentsorgung. Es gibt viele kleine Steilhänge und hier schmeißen die Bulgaren gerne ihren Rest- und Sondermüll runter – ihr könnt euch Sarahs Entrüstung vorstellen.
Das Glück ist mit uns, kaum haben wir die Abkürzung hinter uns gelassen, kommen Autos an uns vorbei. Die ersten zwei ignorieren uns zwar stumpf, das Dritte aber hält. Drei Männer sitzen in dem Caprio und es scheint kein Platz mehr da. Aber sie lassen sich nicht von der Idee abbringen, uns mitzunehmen. Die Richtung klären wir erst, als wir gequetscht auf de Rückbank sitzen und jeder von uns die Flöte gespielt hat. Martin und Stefan sind Bulgaren und leben und arbeiten in Athen. Sie sind auf Kurzbesuch bei ihren Heimatstätten (nahe Garbovo). Der Dritte ist Martins Vater und so um die 70 Jahre alt. Er versteht weder Englisch noch Deutsch, kann uns aber den Namen unserer Souvernierfotos (Todor Schiwkow) nennen – der ist dann doch bekannt und sorgt später am Abend für viel Lachen. Die Kommunikation funktioniert mit Körpersprache super und Sarah freut sich tierisch – in China hätte das schließlich nicht geklappt.
Sie bieten uns an, mit zum nächsten orthodoxen Kloster zu mitzufahren. Wir nehmen an und stellen fest, dass das Kloster nahe unseres vorgestrigen Campingplatzes liegt. Wir sind also in der falschen Richtung unterwegs. Das Kloster liegt in einem Tal, die fast senkrechten Berge sind beeindruckend. Die drei erklären uns anschaulich, wie man Rakia herstellt, und dass Flötenspieler in Tonnen sitzen . Dann laden sie uns zum Essen ein, weil es das Beste in der Gegend sei. Wir bestellen nicht so viel, die drei schon. Wir können gar nicht so schnell schauen, wie der Tisch vollgestellt ist: Fisch, Cevapcici, bulgarischer Salat mit sehr leckerem Käse, warmes Gemüse, Hühnchen und Hähnchenschenkel, Rakia, Bier, Cola, Wasser und Wein… der Tisch reicht nicht aus. Es ist das erste Mal, dass wir nicht aufessen können.
Sie bieten uns einen Ride durch den Balkan an, was unserer ersten Absicht entspricht. Allerdings nicht, ohne uns vorher noch Souveniers inklusive Flöte für Sarah zu schenken. Der Weg durch die Berge ist schleichend, Nebel taucht auf. Oder sind es Wolken – wir sind schon recht weit oben auf den Bergen. Alle im Auto schweigen, hat das Szenario doch etwas Mystisches an sich. Durch das Herz des Balkans im Nebel. Dann senkt sich die Straße langsam ab, der Dunst lichtet sich und die Sonne offenbart uns einen wunderschönen Blick über das Tal der Rosen – verblüht sind sie allerdings schon.
Im Tal angekommen, bieten Martin und Stefan uns einen Schlafplatz an – Waschen und Duschen inklusive (stinken wir etwa ?!) An diesem Punkt wird uns klar, was bulgarische Gastfreundschaft bedeutet: sie zeigen uns die wichtigsten Plätze von Kazanlak, laden uns zu Kaffee und heißer Schokolade ein, wir spielen Flöte auf dem Marktplatz mit Zigeunern, sie kaufen noch mehr Essen und Trinken - viel Schokolade für Sarah und sogar meine Zigaretten zahlen sie. Die Versuche, mal selbst zu zahlen, enden in Rangeleien an der Kasse, die wir jedes Mal verlieren. Während wir duschen, machen sie das Essen und hängen unsere Wäsche auf. Der Abend wird sehr lustig – der Vater ist die ganze Zeit dabei. Der schläft zum Schluss auf de Küchenbank, Martin und Stefan im Wohnzimmer und wir bekommen das einzige Bett der Wohnung. Uns fehlen die Worte…
Am nächsten Morgen laden sie uns nochmals zu Kaffee in der City ein – auch hier scheitert der Versuch, einmal die Rechnung zu übernehmen. Die beiden fahren uns zum nächsten turn-off, wo die Straße nach Sofia führt. Kurz vorher entdecken wir im Straßenverkehr ein Auto mit deutschem Kennzeichen, durch wilde Bewegungen machen wir auf uns aufmerksam, der Typ hält, und wir haben den nächsten Hitch.
Kurz und schmerzlos verabschieden wir uns auf der Straße und kommen in die nächste Unglaublichkeit: We meet the famous and incredible Nick Stein: „Ihr seid ja crazy, haltet einfach ein Auto auf der Straße an. Ihr seid ja crazy Schnecken. Aber wisst ihr was, ich bin auch total crazy!“ Er lädt uns zu Kaffee und Essen ein. Wir versuchen abzulehnen – sind wir doch auf dem Weg zum Lili-Fesitval nördlich von Sofia – aber Nick legt eine CD ein. Er sei Journalist und Radiomoderator im Raum Hamburg. Also spielt er eine Aufnahme von sich selbst ab. (wenn ihr Lüneburger Lokalsender empfängt: haltet eure Ohren auf!) Er fährt in den nächsten Kurort und erklärt, dass man „hier total gut Dancing machen kann. Wir kriegen wieder essen und Kaffee und Nick bietet uns einen Job an: wir sind doch so crazy, hey! Er zeigt uns seinen Presseausweis und erzählt, dass er auf dem Schwarzen Meer außerhalb der 7-Meilen-Zone einen Piratensender auf einem Schiff eröffnen will, um der Korruption eine Gegenlobby zu setzen. Er sei in Bulgarien eh schon berühmt deswegen. Wir lehnen das Angebot ab, aber nicht ohne uns zu bedanken. Nicks bester Freund ist Tibet Fan. Sarah erzählt von ihrer Reise, wir tauschen Tipps über Bücher aus und ich gebe ihm Unterricht in den 5 Tibetern. Alles für die ewige Jugend !
Wir werden zur nächsten Tanke gefahren, die Sonne strahlt, wir sind hinter unserem „Zeitplan“ und es dauert, bis wir mitgenommen werden. Diesmal ist es Peter. Dieser ist total begeistert, da es sein Traum war, selbst um die Welt zu reisen. Er ist Inhaber einer Firma, die mit Düsseldorf zusammenarbeitet. Sein Englisch ist perfekt und die langen Kilometer nach Sofia sind mit interessanten Diskussionen gefüllt – er klärt uns darüber auf, dass Deutschland zwar sehr bewusst mit der Umwelt umgeht, vor dieser Aufklärung allerdings eines der Länder mit der größten Umweltverschmutzung war. Die Unterhaltung ist so intensiv, dass Peter recht langsam fährt und es fast dunkel ist als wir Sofia erreichen. Das lässt er nicht auf sich sitzen und erklärt: „I feel so responsible for you two. I talked to my wife and she agreed that I take you to Svoge.” Dort ist das Lili-Festival. So fährt er uns bis ans end of the world. Die Straße wird unwegsamer, führt steile Berge hinauf. Wir können keine Schilder entdecken. Erst als die Straße tatsächlich aufhört und Peter wenden will, leuchtet er ein Holzschild mit einem Pfeil und der Aufschrift Lili-Fesitval an. Bei der Verabschiedung bittet Peter uns noch, auf dem Festival einen Joint für ihn zu rauchen.
Hier beginnt ein langer Trip durch dunkle Berge – ich gebe wieder ab an Sarah.
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