Ich verlasse am nächsten Tag ohne Theresa die "Last-minute-couch" und laufe in das City Center von Cluj Napoca zur Touristeninformation und stelle mich schon mental darauf ein, ab hier wieder alleine weiterzureisen. Die Frau von der Touristen-Information ist total nett, ich darf dort ins Internet und kann meinen Rucksack stehen lassen. Bei Couchsurfing lese ich dann eine Nachricht von Gido (sprich: Chhhhidoouu) aus Holland, der auch in Cluj unterwegs ist und sich über den Tag langweilt. Er fragt mich ob wir zusammen sightseeing machen wollen - gesagt, getan - wir treffen uns um 1 Uhr an der Touristen-Info.
Wieder einmal landen wir auf einem großen Friedhof. Das ist einfach ein MUSS in Transilvanien- dort essen wir die herabgefallen Walnüsse mit "little flavour of Andrea or Otto", besichtigen die alte Festung und einen Springbrunnen der für sechs Millionen Dollar gebaut worden ist - hier wieder ein Beispiel für Relationen im Osten. Hauptsache Prunk und "Show up" während andere Menschen im Land ums Überleben kämpfen.
Abends gehen wir dann zu einem CS-meeting in der Stadt, dort treffe ich dann auch meinen host für diese Nacht. Christian ist einer der deutschstämmigen Rumänen, die innerhalb der letzten zwei Jahrhunderte nach Rumänien gekommen sind. Er ist Dozent an der Universität in Cluj und schreibt gerade seine Doktorarbeit. Am nächsten morgen versuchen wir meine Kamera auseinander zu bauen, die sich seit der Begegnung mit dem Wüstensandsturm dazu entschlossen hat, das zeitliche zu segnen. Wir bleiben allerdings erfolglos.
Gido hat in der zwischenzeit mit seinen Gastgebern eine Mitfahrgelegenheit nach Sigishoara (zu deutsch: Schäßburg) organisiert, bei der ich spontan noch den letzten Platz im Auto belegen kann. Juhuee - organisierter Autostopp ist doch das Beste :-)
Ich will nun mit Gido nach Sigishoara und danach zum CS-event: "Into the wild - Karpathian mountains". Gido ist einer von diesen verrückten Holländern der sich vor einem halben Jahr per Anhalter auf Europa-Tour begeben hat. Eigentlich wollte er einen Monat nach Südfrankreich, ist dann allerdings drei Monate geblieben, wollte dann für einige Zeit nach Spanien um Spanisch zu lernen, ist dann aber nur eine Woche geblieben weil es dort mit dem Autostopp nicht geklappt hat...usw....und ist dann in Rumänien gelandet mit einem Rucksack voll Schrott ;-)
Wie auch immer - unsere drei rumänischen Freunde fahren nach Sigishoara um ihren Freund zum Geburtstag zu überraschen. Wir fahren allerdings so richtig über Land (falls es in Rumänien noch mehr Land als Land geben kann) und besichtigen unterwegs die ganz alten Kirchen und kleine sächsische Dörfer von 17hundertirgendwas. Tja, die deutschen haben hier viel herumgesiedelt in Siebenbürgen (Transilvanien). Und die alte Frau die uns, nach der Durchquerung eines alten Obstgartens, die große hölzerne Kirchentür mit einem großen Schlüssel aufschließt, spricht auch deutsch, so daß ich nun endlich einmal in den Genuß komme für meine rumänischen Freunde zu übersetzen! :-)
Auf unserer Fahrt muss ich immer wieder sagen wie schön Rumänien ist und wie schön die bunten Häuser sind, während Adi sagt, daß wäre nur eine Art Nationalsport die Häuser bunt anzustreichen. Ich sage daraufhin, wenn ich Deutschland regieren würde, würde ich es zum Gesetz machen, daß jedes Haus in einer anderen Farbe sein sollte! Gido muß daraufhin direkt mit betontem Holland-Nazi-Akzent dazugeben:
"HALT ! - SIE HABEN IHR HAUS NICHT EINGEFÄRBT!"
Ich gebe hinzu, dass ich ansonsten Rumänien einfach besetzen würde - unsere rumänischen Freunde sagen daraufhin, daß sie ganz bestimmt nichts dagegen hätten von Deutschen besetzt zu werden - und so entsteht dann noch eine interessante Pro- und Contra Deutschland- Rumänien Disukussion...
Nachdem wir also Krichen besichtigt, Walnüße, Äpfel, wilde Äpfel (die sind ganz klein!) und Weintrauben geerntet haben kommen wir abends bei Adrian 2 an, das Geburtstagskind, der uns auch gleich wie selbstverständlich für die Nacht aufnimmt mit den Worten: "Ihr könnt so lange bleiben wie ihr wollt". Abends führt uns unsere Gruppe rumänischer Freunde zum Essen aus und zeigt uns das wunderschöne Sigishoara bei Nacht. Die Stadt ist sehr alt und ebenfalls von Deutschen gebaut worden. Wir bleiben drei Tage bei Adi, der uns mit verdammt guten rumänischen Essen verwöhnt, da die Leute in Rumänien generell noch alles im eigenen Garten anbauen und selbst einmachen schmeckt alles vorzüglich! Gido befindet sich auch wohl sowieso eher auf einer Schlemmer-Tour als auf einer Reise-Tour durch Europa. Wenn man seine bisher gemachten Bilder anschaut, sieht man meistens Teller und Gerichte aus der Vogelperspektive fotografiert. Dazu kann er in ungefähr jeder Sprache "Essen" sagen. Das ist ja das wichtigste! MUNCARE!
Adi zeigt uns Sigishoara bei Tag, wir lernen viel über Transilvanien, sehen das Monument von Vlad Dracula, gehen zu einem rumänischen Film-Festival mit rumänischen Kurzfilmen und bevor wir uns verabschieden fährt uns Adi noch zur ältesten Kirchenburg Rumäniens, in the middle of nowhere - but beautiful!!! - in einem wunderschönen alten Dorf. Für unsere Straße nach Salas de Sus gibt er uns noch vier Gläser von Mamas selbstgemachten Zacusca mit! Juhuu! Ds ist eine Gemüsepaste ganz ähnlich wie Aijvar und schmeckt auf Brot einfach grandios! Dazu bekommen wir noch eine Flasche Palinka (selbstgemachter Pflaumenschnaps - nach dem gleichen Prinzip wie der bulgarische Rakija) - Und dann geht es für uns los - BACK ON THE ROAD.
Gido hat beschlossen seinen "Schrott" im Rucksack zu reduzieren, nachdem ich ihm eine Standpauke über "effizientes Rucksackpacken" gehalten habe, und bindet sich während des Autostopps einen orangenen Schlips um, mit den Worten "If anybody likes this today - he will get it!" Wir werden sehen...
Wir verabschieden uns an der Kreuzung von Adi und schwören uns, daß wir heute noch einen der vielen Pferdekarren hitch-hiken werden. Wir müssen nur noch das kleine Dorf durchqueren und schon wird der für uns als "gesetzte" Tagestraum Wirklichkeit - wir entdecken eine Pferdekarren der gerade das Dorf verlassen will, winken, rufen und spurten los.
Die beiden Rumänier grinsen und nehmen uns mit - und schon sind wir raus aus der Stadt auf einem Pferdekarren und freuen uns wie die Schneekönige, was die Rumänier irgendwie so gar nicht verstehen können, weil sie die Pferdekarren so gewöhnlich wie Autos benutzen.
Anschließend hält für uns eine ältere, deutsche Dame (wow - die Autostopp-Frauenquote steigt!) - sie ist in Transilvanien geboren, dann während der Sowjet-Zeit nach Deutschland emigriert, hat dann Heimweh bekommen und sich ein kleines (blaues!) Haus in ihrem Heimatdorf gekauft. Die Fahrt mit ihr wird schön, sie erzählt uns noch eine Menge über die Geschichte der deutschen in Transilvanien und das sie ihr Haus allerdins in ein paar Jahren wieder verkaufen will. Ich sage ihr, dass sie in ein paar Jahren durchaus auf mich zurückkommen könnte mit dem Verkauf, denn ein blaues Haus in Transilvanien ist ja wohl der Knaller! - Und so gibt sie mir ihre Email-Adresse.
Nach einigen weiteren Stopps landen wir innerhalb einer City (innerhalb der Stadt immer schlecht) aber ein netter Autofahrer der selbst per Autostopp gefahren ist, kommt noch einmal zurück und bringt uns zum richtigen Punkt, dort organisiert er uns noch so schnell ein Auto das wir schon befürchten jetzt Kilometergeld zahlen zu müssen - aber wieder haben wir Glück und können mit den Worten "Nu Bani" umsonst mitfahren. Der Fahrer lässt uns zur Abenddämmerung "in the middle of nowhere" raus, und wir stapfen in Rumäniens schönster Landschaft rum, um einen Platz zum campen zu suchen, der sowohl Wasser als auch Holz als Ressourcen zu bieten hat. Für das Abendbrot sind schließlich Feuerkartoffeln geplant. Plötzlich taucht ein Schäfer mit seiner Heerde auf, der aussieht wie aus dem Bilderbuch, wir führen ein kurzes nonverbales Gespräch und erhaschen uns das Okay zum Zelten.
Der Abend klingt dann am Feuer gemütlich aus, bis auf zwei schwarze Kartoffeln die uns komplett verkohlen, aber wir haben ja noch Palinka...
Am nächsten morgen laden wir den Schäfer zum Frühstück ein (wo der wohl die Nacht über gesteckt hat?) und der freut sich total. Wir unterhalten uns ein bisschen auf Esperanto mit ihm, daß seinem Freund das Land gehört auf dem wir zelten, aber er hätte sich schon gestern gedacht das wir bestimmt gute Menschen sind :-) NA KLAR SIND WIR DAS!
Wir packen zusammen und unser Schäfer freut sich total, daß wir (für mich selbstverständlich, da ich die Plätze immer so verlasse wie ich sie vorgefunden habe) unseren Müll einsammeln und mitnehmen, und verabschiedet sich von uns mit den Worten: "Das wir jetzt Freunde sind und jederzeit bei ihm anklopfen können"
Für uns geht es nun in die Karpathen...
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