Mit vier Herren, einem Spanier, einem Belgier (verrueckt!), einem Australier und einem Iren mache ich mich auf den Weg in die Wueste Gobi. Wir mieten uns einen dieser alten russischen Vans samt driver. Vor Fahrtantritt braucht es einen Tag um zu organisieren (Wasser, Lebensmittel etc.) und Mathew, der Australier rennt noch einen Tag zwischen russischer Botschaft und Reisebuero hin und her, um ein Transitvisum fuer Russland zu bekommen. So verbringen wir nochmals zwei Stunden damit Adressen in dieser Stadt zu suchen...
Ich habe Glueck und kann mir fuer die Tour (nach langer Ueberredungskunst) die Gitarre von Taylor (Cirils Kollege) aus dem Sandwhich-Shop ausleihen. - YEAH! - Musik in der Wueste.
Wir fahren los - und beruhigenderweise haben wir schon nach vier laeppischen Stunden Fahrt zweimal den Reifen wechseln mussen. Noch haben wir einen Reifen auf dem Dach...
Wir fahren auf der "Wuestenhauptstrasse" in Richtung Sueden. Allerdings ist dies keine Hauptstrasse in unserem Sinne, sondern eher der in europaeischen Wanderkarten mit einer schwarzen Linie gekennzeichneten sogenannte "Fahrweg". Fahren kann man eigentlich auch nicht sagen, sondern eher rumpelndes, droehnendes Fortbewegen. Der Fahrweg besteht teilweise aus vier Spuren, weil die alte Spur aus irgendwelchen Gruenden nicht mehr befahrbar ist. Trotzdem kommen uns sogar das eine oder andere Mal LKWs entgegen die scheinbar irgendwelche Wuestendoerfer beliefern. Ansonsten trifft man noch andere bescheurte Touristen im Jeep (wie wir), Nomaden auf Pferden die ihre Heerden zusammen treiben und auch die moderene Form des Nomadentums = Mongolen die in traditioneller Kleidung auf dem Motorrad ihre Herden zusammentreiben. Kein Witz.
Zur Wueste:
Sollte irgendjemand denken die Wueste sei langweilig, eintoenig und ohne Leben - so sei er nun eines besseren belehrt. Die Landschaft ist aeusserst abwechslungsreich und ich begegne auf dieser Reise mehr Tieren auf einmal als in meiner gesamten bisherigen Reisezeit!
Es faengt an mit den domestizierten Tieren, Kamelheerden, Ziegen- und Schafheerden, Hunde, Pferde und hoert auf bei den wild lebenden Tieren wie Geier, Adler, Heuschrecken, Eidechsen, Wuestenmaeuse, Wildpferde, gigantische Kaefer und unterschiedlichste Vogelarten.
Der Wechsel der Gesteinsformationen, Sandarten und die unterschiedlichsten Farben von Steinen am gleichen Ort ist ueberwaeltigend.
Wir schukkeln mit ca. 60kmh durch diese Landschaft, halten ab und zu an und immer wieder tauchen als weisse Punkte die Jurten der Nomaden auf.
Gegen Abend kommen wir bei einer Nomadenfamilie unter. Gegen einige Tugrig bekommen wir Abendessen, Jurte und Fruehstueck. Alles schmeckt nach Hammel- oder Ziegenfleisch!
Die Zusammenstellung unserer Reisegruppe ist recht lustig, alle haben ein wenig Probleme mit den dann doch recht unterschiedlichen Akzenten. Komischerweise wird unser irischer Native-Speaker am wenigsten verstanden, und unser belgischer Freund Jacobs bringt es auf den Punkt: "For me - your language and mongolian language - its the same!" Von da an, wird er nur noch gedisst :-)
Noch lustiger wird es bei der Frage, wer welche Bretterverschlaege wie als Toilettte definiert hat. Der Spanier hat sich mit dem Ziegenstall vertan und der Australier hat es geschafft sich auf der richtigen Latrine einzusperren, so dass ihm der Belgier zu Hilfe eilen musste...ich fuer meinen Teil habe zuerst einen Heuverschlag genutzt, dann aber alles "richtig" gemacht. :-)
Die Landschaft wird zusehens trockner - und wir halten an unseren ersten Sandduene. Die wird natuerlich mit internationalen Sandduenenweitsprungwettbewerb celebriert.
Interessant sind auch die Wuestendoerfer mit den "Wuestentankstellen", wo wahrscheinlich pro Tag hoechstens zwei Leute auftanken. Man fragt sich wer in diesen Doerfern wohnt und wovon zum Teufel die Menschen hier leben.
Cool ist, wenn man mit Klopapier bewaffnet beim wandern zur Latrine Kamele trifft. Wenn man sich dann die Latrine anschaut, fragt man sich, wer jetzt eigentlich den besseren Locus hat, die Kamele oder ich? Die Nomaden-Kamele sehen so dermassen bescheuert aus, dass ich sie ueberhaupt nicht ernst nehmen kann.
Unser belgischer Freund Jacobs hat es sich waehrend der Tour zur Angewohnheit gemacht einfach jeden Tag von neuem zu behaupten, es sei sein Geburtstag - so dass es dann fuer uns jeden Abend mit den nomadischen Familien etwas zu feiern gibt. Die Gitarre tut ihre Dienste und irgendwann sollen wir dann auch traditionellen, mongolischen Gesang auf der Gitarre begleiten, was mir mehr oder weniger gelingt...Wie auch immer - die mogolischen Nomaden sind jedoch immer sehr angetan, wenn man die Gitarre hervorholt und spielt.
Als wir am suedlichsten Punkt unserer Reise ankommen, gibt es diesmal riesige Sandduenen am Horizont. Als ich gerade losziehen will, diese zu erkunden, rauscht von Westen eine riesige, ueberdimensionale Sandwolke ueber die Steppe auf mich zu - ich ergreife die Flucht zurueck in die Jurte - um dann mit Kompass bewaffnet nochmals wieder loszuziehen.
Nach ca. 15 Minuten ist der Sandwolkenspass vorbei und es regnet ein wenig (strange diese Wueste!).
Der Weg zum Beginn der Sandduenen ist laenger als gedacht und steckt voller Ueberraschungen. Ploetzlich taucht inmitten der Steppe ein "tiefergelegter" Wasserlauf auf, und kurz vor dem Ansatz der Sandwueste ist der Boden komplett gruen bewachsen und es grasen Wildpferde dort.
Kurz dahinter fangen riesige Duenen unmittelbar wie eine klare Grenzlinie an, und man sieht keinen gruenen Halm mehr.
Anderntags fahren wir durch Steinwueste, finden genau eine Stelle an der Schatten ist um Mittagessen zu kochen. Faszinierend sind auch die Luftspiegelungen, die mich wirklich ab und zu an komplette finnische Seen erinnern.
Nach dem Essen schlaegt das Wetter wieder um, Wind zieht auf und in der Steppe bilden sich auf einmal riesige Tornados. Einer von ihnen bewegt sich eine zeitlang westlich von uns, und wir koennen beobachten wie er langsam waechst und ueberdimensionale Ausmasse annimmt. Ein mongolischer Steppenreiter wirkt dagegen wie ein winziger Punkt.
Haben wir also 2-3 Stunden vorher noch geschwitzt, so muessen wir bei unserem naechsten Stopp Fleece, Jacke und Muetze tragen. Wir stehen ploetzlich in einem Ice-Canyon. Er zieht sich eine ganze Weile durch karges Gebirge. Einmal entdecke ich sogar eine Moeglichkeit durch eine Eisspalte zu klettern und dann in eine Hoele quasi unter den Gletscher zu gelangen.
Gegen Einbruch der Dunkelheit treffen wir dann - dank unseres excellenten Fahrers Mutsch - in einem recht grossen Wuestendorf ein. ("aaah, Mutsch, city? very modern, mongolian city, yes?)
Hier soll es sogar eine Dusche geben. Wir machen es uns in unserer Jurte bequem, bekommen wieder einmal ein Ziegenfleisch-Gericht und spielen die halbe Nacht ein russisches Kartenspiel welches der Australier im Zug aufgepickt hat. Jacobs zaehlt uns noch seine 35 Paar Socken die er dabei hat vor - macht fuer uns alle Sinn! Mathew und Jacobs reisen seit Peking zusammen und sind sich nun schon so vertraut, dass sie sich mit Mutter und Sohn ansprechen. :-)
Am naechsten Tag schaelen wir uns zum ersten Mal nach 5 Tagen aus unseren Klamotten und haben eine Dusche - WAHSINN
Wie neugeboren machen wir unsere Einkaeufe im "very modern Wuestenshop" fuer den letzten Teil unserer Reise. Gegen Nachmittag kommen wir bei einer neuen "Gastfamilie" an. Es sind drei Jurten im Nichts. Ach ja - die Kamelherde nicht zu vergessen. Sie haben eine kleine Tochter der wir die mitgebrachten Drachen (von Matt aus China) schenken. Sie hat unglaubliche Freude daran damit durch die Steppe zu flitzen. Spaeter nimmt sie mich an die Hand mit zum Brunnen. Jetzt muessen wir Wasser in die Traenke fuer die Kamele fuellen. Der erste Brunnen ist fast ausgetrocknet, aber beim neachsten haben wir Glueck. Die Kamele wissen direkt Bescheid, belagern uns und es tauchen immer mehr auf. Marc hilft mir dabei - aber dies wird eine endlose Aufgabe - wenn immer wir glauben fertig zu sein tauchen neue Tiere am Horizont auf. Spaeter dann auch Ziegen.
Gegen Abend werden in der Jurte neue Spiele ausprobiert, die dazu fuehren das wir uns nicht mehr mit Namen anreden, sondern nur noch mit unseren Nationalitaeten. "Ireland, pass me the Vodka, please!" - "Germany, have u seen the coke?" - "NO, no clue, ask Australia" usw.
Es wird recht lustig. Vor allem wil sich unser belgischer Jacobs komplett ausnockt. Dann werden beide Native Speaker fertig gemacht, weil sie kein Mensch mehr versteht. Wobei Belgien an diesem Abend den beiden in nichts mehr nachsteht: "I want little more of this Dingigingigin-Vodka" (meint Chingis-Vodka). Wie auch immer, Spanien gewinnt das Spiel und am Ende darf jeder noch seine Nationalhymne vorsingen.
Ja - die Wueste hat mich zutiefst beeindruckt! Alle Plaetze strahlen einen absoluten Frieden aus. Die Stille ist so ueberwaeltigend gross, dass man die Fluegelschlaege der Adler hoert die ueber einen hinwegfliegen. Wie man sich hier allerdings ohne eine "Mutsch-Fahrer" zurechtfinden soll, weiss ich nicht. Mit einer totalen Sicherheit nimmt er bei einer Weggabelung im Nichts den rechten bzw. linken Weg. Wir machen unsere Theorien " Ah, of course, turn right after ger (Jurte) No. 5" oder "behind the big modern town, turn left" oder "When u see the camels - just straight ahead"
Naja, nicht unser Pflaster hier. Ab und an kommen einem doch noch Menschen entgegen. Auf "modernen Wuestenpferden" oder, das komischste Bild, so schnell aufgetaucht wie verschwunden: Ein Kamel mit einem Reiter, die eine kaputtes Nomaden-Motorrad samt Fahrer abschleppen. Sah urkomisch aus!